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Dissoziative und somatoforme Störungen

Manchmal bereiten uneinheitliche und nicht zueinander passende Ergebnisse von Untersuchungen bei zunächst vermuteten körperlichen Erkrankungen Schwierigkeiten. Da ist z.B. der Fall einer vormals völlig gesunden und im Berufsleben stehenden Frau, die nach einem tatsächlich aufgetretenen Unfall mit kurzzeitig erheblichen Ausfällen dann im weiteren Verlauf eine Halbseitensymtomatik mit völliger Lähmung eines Armes und Beines und völligem Ausfall des Gefühls entwickelt, ohne daß irgendeine Schädigung des Gehirns im Bild des Kopfes nachgewiesen werden könnte.
Bei der Untersuchung ergibt sich im konkreten Falle auch, daß die Muskulatur auf der gelähmten Seite nicht abgebaut ist und auch die Muskeleigenreflexe auf beiden Seiten gleich gut auslösbar sind. Allerdings wird die Betroffene jahrelang von ihrem Ehepartner in jeder Hinsicht versorgt und sogar gefüttert, da sie überhaupt nichts mehr selbst erledigen kann. Die korrekte Diagnosestellung dauert letztendlich lange. Zusätzliche Hinweise können dann Kleinigkeiten, z.B. Auffälligkeiten in der Kommunikation zwischen beiden Partnern geben, die dazu führen können, ein früheres, die Patientin belastendes Problem, z.B. den ursprünglich vorhandenen Trennungswunsch des Partners, zu erkennen, dessen Lösung ihr auf anderem Wege nicht möglich war. Dieser Zusammenhang führte im konkreten Falle zum Versuch der unbewußten Kompromißlösung mit Auftreten der damit psychisch bedingten Halbseitensymptomatik und dem hierdurch möglichen Erhalt der Beziehung zum Partner unter allerdings Inkaufnahme einer erheblichen Einschränkung der Mobilität und Selbstständigkeit. Auch hier ist - wie bei den körperlich bedingten Erkrankungen - eine möglichst baldige Diagnosestellung erforderlich, da ggf. ohne angemessene Psychotherapie durch dann im Verlauf hinzuzuziehende Spezialisten ein erhebliches Chronifizierungsrisiko besteht.

 

Praxis Dr. Reinhard Reuss